Die Bergwerke in Winden und Umgebung:

Viele der Windener waren Bergleute. Ihre Vorfahren aber haben fast ausnahmslos durch diese harte, gefährliche und gesundheitsschädliche Arbeit ihr Brot verdient.

Schon früh wurde an der unteren Lahn Bergbau betrieben, wenn auch nicht bekannt ist, wann zuerst im Arnsteinischen Erz gegraben wurde. Urkundlich liegt jedoch fest, dass im Jahre 1591 ein Eisenhammer in Weinähr errichtet wurde. Im Jahre 1660 schloss die Abtei mit der Familie Marioth einen Vertrag über die Ausbeutung der Erze im Arnsteinischen. Die Famillie Marioth stammte aus Brüssel (andere Quellen behaupten, die Familie stamme aus Lüttich), gelangte durch Industrieunternehmungen und Bergwerksbetriebe zu großem Reichtum, wurde in den Adelsstand erhoben und wohnte später als Freiherrn von Marioth auf Schloß Langenau. Im Vertrag von 1660 verpflichtete sich Marioth, außer seinen Abgaben an Arnstein an die Gemeinden Winden und Weinähr jährlich 6 Reichstaler für Weg- und Steggeld zu zahlen. Für den Anfang brachte Marioth jedoch aus seiner Heimat einen Stamm fachkundiger Leute, Wallonen und Flamen, mit. Die meisten machten sich hier ansässig und von ihnen stammen die vielen welschen Namen in den Windener Taufbüchern. Ein Teil von diesen möchte ich hier wiedergeben, wobei die hier noch vorkommenden Namen, fett gedruckt sind:

 

Send Lameral Mascaron Weyh
Hassul Tasguin Labonte le Frank
Basset Troncat Burcard Kronier
de Jardin Coffeng Lappas Bobing
Collet Loraing Gilles Chevremont
Chiffermong Dasting Kapitain Maron
Devora Mono Bannoise Dubois

 

Das Wirtschaftsleben im Gebiet der Abtei Arnstein erhielt aus den Bergwerken und Hammerhütten bedeutenden Auftrieb. In den Bedingungen des zwischen der Abtei und den Marioths abgeschlossenen Vertrages war auch die enthalten, dass der Pächter bei Einstellungen von Arbeitern vor allem arnsteinische Untertanen zu berücksichtigen habe. Auf diese Weise fanden auch zahlreiche Arbeiter aus Winden in den Gruben und Schmelzhütten lohnende Beschäftigung. Dies war erfreulich, weil der Windener karge Boden, die Bewohner nicht ernähren konnte.

grubeannaMarioth war bestrebt, an verschiedenen Orten Schmelzhütten zu errichten. Dies erklärt sich aus den schwierigen Betriebsbedingungen jener Zeit. Zum Erzschmelzen waren Holzkohlen erforderlich, die in den Wäldern der Umgebung und im „Trierischen“ gebrannt wurden. Da die Erze aber ein vielfaches an Kohle zum damals noch unvollkommenen Schmelzverfahren benötigte, wurden vielfach kleinere Schmelzhütten (Gackebächer Hütte) in der Nähe von Gackenbach, in waldreichen Gegenden errichtet.Diese Hütte – genannt Buckerig – war bis etwa 1800 in Betrieb und gehörte dem damaligen Bürgermeister von Montabaur. In der kleinen Fabrik wurden Erze aus dem Hübingener Silberstollen, der Windener „Silwuch“ sowie Erze aus dem Bergwerk in der „Goß“ verarbeitet.Zweimal im Jahr konnte dort Erz geschmolzen werden. Steinkohle war nicht vorhanden, weshalb man auf große Mengen Holzkohle ausweichen musste. Zahlreiche kreisrund eingeebnete Flächen in den angrenzenden Wäldern zeugen noch heute von den einstigen Kohlemeilern.

Vielfach wurden so die Schmelzhütten von den Hammerhütten, die das Frischeisen zu Handelseisen und Schmiedeeisen verarbeitet, getrennt. Die Blüte der Bergwerke und Hütten im Arnsteinischen war nicht von langer Dauer.

Schon die Söhne Marioths wirtschafteten die Unternehmen immer mehr herunter. 1755 waren die beiden Eisenhämmer in Weinähr vollständig verfallen. Das Werk, das die Söhne Marioths mit den Bergwerken, Hütten und Hammer begonnen, wurde zu Ende geführt, als im Jahre 1767 der Hofrat Fritsch von Koblenz die Gruben übernahm. Um den völligen Ruin noch aufzuhalten, übernahm die Abtei im Jahre 1785 die Verwaltung der Gruben in eigener Regie. Jetzt war es aber zu spät. Die Schuldenlast, die bei der Übernahme 6500 Gulden betrug, davon allein 1000 Gulden an Rückständen an Arbeitslohn für Arbeiter aus Winden und Weinähr, konnte Arnstein bis zu seiner Auflösung im Jahre 1803 nicht mehr herauswirtschaften. Auch die Bergwerke im arnsteinischen Gebiet wurden Staatsbesitz des Herzogtums Nassau und ging später in den Besitz der Stolberg – Zink – AG. über.

Wie wir an verschiedenen Stellen in der Windener Gemarkung feststellen können, wurde auch hier nach Erzen geschürft. Als einziger ergiebiger Fundort entstand die Grube Anna, im Volksmund „Silwuch“ genannt. (Ethymologische Entstehung dieses Namens: Silberbach – Silbach – Silboch – Silbuch – Silwuch).Das Haus, das vor dem Eingang in die Grube stand, war das Verles – Haus und diente gleichzeitig als Unterkunft eines Mannes zur Bewachung der Grube. Sie war nur im Stollengang erschlossen und hatte zwei Sohlen. Einen Einfahrschacht besaß sie nicht, nur einen schmalen Entlüftungsschacht (wohl im jetzigen „Schächtje“). Ein etwa 50 Meter unter dem „Silwucher Haus“ getriebener Stollen diente als Wasserabfluss. Da man noch keine Presslufthämmer kannte, wurde alles von Hand gebohrt. Die gewonnenen Erze wurden aus dem Stollen an der Grube Anna zutage gefördert, verlesen und ursprünglich zur Gackebächer Hütte gebracht. Es war eine beschwerliche Fahrt, die meistens von Privatleuten aus Winden ausgeführt wurde. Als die Erze später auf der Weinährer Hütte geschmolzen wurden, war die Fahrt noch gefährlicher, weil sie über den Büchert den halsbrecherischen Hohlweg steil zur Hütte hinab ging. Der obere Teil der Grube war gegen Ende der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts abgebaut und wurde stillgelegt. Er hatte immerhin durchschnittlich 60 bis 70 Bergleuten Arbeit und Brot gegeben. Der Lohn war gering, Akkord je nach Leistung, Schichtlohn etwa 0,80 bis 1,50 Mark (umgerechnet 0,41 bis 0,76 Euro). Dabei ist zu bedenken, dass man für Brot damals schon 0,50 Mark bezahlte (umgerechnet 0,26 Euro) bezahlte. In den neunziger Jahren wurde der Ferdinandstollen, beginnend in der Nähe des Eschenauer Hofes, als Verbindungsstollen zur Grube Anna aufgefahren. Auf diese Weise wollte man die Erze der Grube Anna leichter und billiger zur Weinährer Hütte bringen. Man hoffte, durch diesen Stollen auf reichliche Erzgänge zu stoßen. Der Ferdinandstollen hat jedoch die Aufschlüsse nicht gebracht und wurde 1902 ebenfalls stillgelegt. So sind heute nur noch die dunklen Gänge in den Bergen und die Halde, als einzige Zeugen des ehemaligen Bergbaues in Winden übrig geblieben.

Die folgenden Originalkarten der Markscheiderei der Grube Anna zeigen die Lage der Schächte und die Topologie der Grube. Weiter können in diesen Karten die Daten des Aufschlusses einzelner Schächte und das dort geförderte Material abgelesen werden. Die Karten sind groß (2,5 – 3,5 MByte), so dass es je nach Leistung des Internetzugangs etwas dauern kann bis sie angezeigt werden.

 

Karte Grube Anna Blatt 1 Karte Grube Anna Blatt 2
Karte Grube Anna Blatt 3 Karte Grube Anna Blatt 4

 

Nach dem Erliegen des Bergbaues in Winden blieben die hiesigen Bergleute ihrem harten, aber lieb gewonnenen Beruf treu. Ein großer Teil fand Arbeit in den Grubenbetrieben zu Weinähr, Holzappel, auf der Pfingstwiese bei Bad Ems und im „Kelchloch“ (bei Friedrichssegen). Ein größerer Teil wanderte ab in die Kohlezechen im Rhein – Ruhr – Gebiet und fand dort eine zweite Heimat, ohne dass sie und ihre Nachkommen Winden je vergessen hätten.

 

Grube Anna

Die in der Gemarkung Winden (Amts Nassau) gelegene Grube Anna besitzt die Bergbauberechtigung auf alle regale Mineralien, Gold alleine ausgenommen, innerhalb des Kirchspiels (der Gemarkung) Winden und Weinähr und zwar auf Grund der Erbbelehnung vom 19. Oktober 1809.

 

Aktuelle Funde auf der Halde der Grube AnnaBitte auf das jeweilige Foto klicken zum Vergrößern.
Bild öffnet sich in einem separaten Fenster.
 

Auf den Bildern Ankerit 1 und 2 sieht man rhomboedrische ockerfarbene Kristalle von Ankerit (Braunspat). Wegen seines geringen Eisengehalts ist dieses Calcium-Eisen-Carbonat [CaFe(CO3)2] technisch unbedeutend.

Ankerit Bild 1 Ankerit Bild 2

Vom gleichen Stein ist das Bild Siderit gemacht. Die dunkelbraunen Kristalle auf dem Stein sind Siderit (Eisenspat), das hellere daneben ist wieder Ankerit. Siderit ist ein dem Ankerit sehr ähnliches Eisencarbonat [FeCO3].

Siderit Bild

Die Bilder 1 Malachit und 2 Quarz Malachit sind vom gleichen Ursprungsstein und zeigen das Mineral in radialstrahliger Form. Die Bilder 3 Malachit gebändert und 4 Malachitnadeln sind auch von einem Stein gemacht. Die Nadeln kann man mit dem bloßen Auge kaum erkennen, erst durch den Blick durch das Mikroskop erhält man Klarheit. Ein weiteres schönes Stück ist im Bild darunter zu sehen. Malachit ist ein Kupferhydroxycarbonat [Cu2(CO3)(OH)2].

Malachit Quarz Malachit
Malachit gebändert Malachitnadeln
Malachit

Die blauen Bereiche auf dem Bild Azurit sind derbe Anlagerungen von Azurit (Kupferlasur). Azurit ist wie Malachit ein Kupferhydroxycarbonat [Cu3(CO3)2(OH)2] jedoch mit anderer chemischer Zusammensetzung.

Azurit

Das Schwarz-/Weiß-Foto zeigt Mimetesit Kristalle unter den Elektronenrastermikroskop. Das Farbbild zeigt Mimetesitkristalle (gelb) im umgebenden Gestein. Mimetesit ist ein sogenanntes Bleiarsenat [Pb5[Cl|(AsO4)3].

Mimetesit Mimetesit

Das nächste Bild zeigt Pyromorphit. Das ist ein chlorhaltiges Bleiphosphat mit der Summenformel [Pb5[(PO4)3Cl]]. Es kommt in grüner Färbung (= Grünbleierz) oder wie hier in brauner Färbung (Braunbleierz) vor. Daneben gibt es auch noch gelbliche, rötliche, weiße und farblose Schattierungen. Mimetesit und Pyromorphit sind nahe miteinander verwandt. Kristallform und Kristallsystem (beide hexagonal) beider Mineralien ist gleich und sie kommen zumeist auch nebeneinander in der Natur vor.

Pyromorphit
Fotos und Text:

Norman Schlosser